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Die Sache mit der Hufrehe

Die Sache mit der Hufrehe


 
Was ist Hufrehe?

Hufrehe, im Fachjargon „Laminitis“ genannt, ist eine Erkrankung der Hufe. Um zu verstehen was genau passiert, müssen wir uns jedoch erst die Anatomie anschauen:

Pferde sind Zehenspitzengänger, das bedeutet, dass sich die Zehen im Laufe der Evolution zurückgebildet haben und nur noch der Mittelfinger übrig geblieben ist. Auf dem steht das Pferd, und zwar auf seinem letzten Zehengelenk. Schaut euch euren Finger einmal an, euer Handgelenk ist das Karpalgelenk des Pferdes und euer Fingernagel ist die Hufkapsel auf dem das Pferd läuft. Der Huf ist auch ähnlich wie euer Fingernagel aufgebaut. Im Huf befindet sich ein Knochen, das Hufbein, und dieses ist über eine Lamellenstruktur mit der Hufkapsel verbunden. Das Hufbein hängt also in der Hufkapsel, deshalb wird auch immer von der „Aufhängung“ gesprochen, die verloren geht. Diese Verbindung ermöglicht eine super Durchblutung des Hufs und zusammen mit dem Strahlpolster eine Stoßdämpfung.



Wie entsteht Hufrehe?

Hufe haben noch eine weitere tolle Aufgabe im Pferdekörper, sie fungieren als „Abfalleimer“ für die Nieren, sind also neben Leber, Niere und der Haut ein weiteres Entgiftungsorgan. Und hier ist auch die Ursache der meisten Hufrehen zu finden. Kommen zu viele Toxine über das Blut zu den Hufen, überlasten diese irgendwann und die Aufhängung zwischen Hufbein und Hufwand geht kaputt. Das Hufbein „rutscht runter“ und im schlimmsten Fall rotiert es noch, kippt mit der Hufbeinspitze nach vorne. Da wären wir schon bei der zweiten Ursache.


Prinzipiell kann man Hufrehe in zwei Arten unterteilen, die Vergiftungsrehe und die mechanische Rehe. Unter Vergiftung fallen alle Dinge die mit Stoffwechsel, Fütterung, Stress und Medikamenten zu tun haben. Die meisten gesunden Pferde kommen damit klar, wenn nur ein Rädchen nicht mehr richtig läuft. Nur eine Wurmkur ist nie der Grund warum ein Pferd Hufrehe bekommt. Meist stimmt schon vorher die Fütterung seit Jahren nicht, die Herde hat zu viel Stress, der Kumpel ist vor einer Woche gegangen und der Neue der eingezogen ist, hat ne Virusinfektion mit gebracht. Wenn dann die alljährliche Wurmkur kommt, ist sie nur der Tropfen der das Fass zum überlaufen bringt.


Als mechanische Rehe werden die Fälle bezeichnet, in denen der Hufbearbeiter fehlerhafte Arbeit geleistet hat oder das Pferd seit Monaten gar keinen Bearbeiter gesehen hat. Die Eckstreben werden zu lang, drücken ins Hufinnere und schieben das Hufbein hinten hoch. Damit kommt zu viel Zug auf die Verbindung der Lamellenstruktur und die Verbindung gibt nach. Das sind die Fälle die am einfachsten wieder „zu heilen“ sind. Man korrigiert die Hufsituation und das Hufbein kann sich wieder einhängen.


So einfach ist es jedoch in den seltensten Fällen, meist spielen ganz viele Faktoren eine Rolle die alle gefunden und abgestellt werden müssen. Deshalb arbeite ich immer mit Kollegen zusammen, die im Bereich Fütterung und Stoffwechselerkrankungen wesentlich mehr Expertise haben als ich, denn ich bin nun mal „nur“ die Hufbearbeiterin. Mein Job ist wichtig, aber ich kann absolut nichts bewirken, wenn die Ursache nicht abgestellt wird.



Symptome

Ein Pferd hat selten von jetzt auf gleich eine Hufrehe. Meist machen sich schon Wochen vorher die ersten Anzeichen bemerkbar. Das Pferd läuft immer klammer, mag über Schotter und festen Boden nicht mehr drüber obwohl das vorher nie ein Problem war, fängt das Stolpern an, irgendwann zeigt sich ein deutlicher Wendeschmerz und das Hufeauskratzen ist nicht mehr möglich weil das Pferd das andere Bein nicht mehr belasten will. Das Pferd mag nicht mehr über die Zehe abrollen weil dadurch vermehrt Zug auf die Verbindung der Lamellenstruktur ausgeübt wird. Die Hufe sind wärmer als sonst, denn die Hufrehe ist ein entzündlicher Prozess und die Zehenarterie pulsiert stärker als gewohnt. Deshalb rate ich jedem, regelmäßig an den Hufe seines Pferdes und die Zehenarterie zu fühlen. Dann kennt ihr den Normalzustand und könnt unterscheiden was normal und was pathologisch ist!


Spätestens jetzt, solltet ihr einen Tierarzt anrufen, Hufrehe gilt immer als Notfall, denn umso schneller was unternommen wird, desto geringer sind die Schäden. Ein guter Hufbearbeiter kann auch sehen ob das Hufbein abgesunken ist und für die Erstbehandlung braucht man nicht zwingend ein Röntgenbild.


Therapie

Wie sieht denn nun die Therapie eines Hufrehepferdes aus?

Als Akutmaßnahmen empfehle ich, die Hufe abzukühlen. Das geht am besten mit Krankenhufschuhen, alten Handtüchern die mit Wasser getränkt werden oder ihr könnt euer Pferd sogar in einen Eimer mit Wasser stellen wenn es das zu lässt.

Dann muss die Entzündung aus dem Huf raus und dann brauchen die Pferde Ruhe. Das heißt nicht, das wir das Pferd in eine Box stellen. Ruhe bedeutet, kein Stress von Artgenossen, kein Stress durch ein zu geringes Angebot von Futter!! Das Pferd wird auf keine Diät gesetzt! Muss ein Pferd hungern, zieht es seine Fettreserven ran um Energie zu gewinnen, das Blöde ist nur, dass die schädlichen Toxine, die zur Hufrehe geführt haben, auch im Speicherfett eingelagert sind. Somit wird die Hufrehe nur schlimmer und alles was bisher erreicht wurde ist wieder fürn Ar****.


Am besten ist ein abgegrenzter Bereich mit Sichtkontakt zu Artgenossen. Am Anfang könnt ihr alles schön dick einstreuen damit die Hufe zur Ruhe kommen. Das Pferd darf laufen können wenn es das möchte, möglichst auf einem großen Auslauf, damit enge Wendungen vermieden werden. Es bekommt 24/7h zuckerarmes Heu zur Verfügung, je nach Ursache sollte die Niere mit ihrer Ausscheidungsfunktion unterstützt werden und die Durchblutung der Hufe zur besseren Regeneration. Alles andere an Kraftfutter und Müslis werden abgesetzt. Das wird aber mit dem Fütterungsexperten abgeklärt! Bitte macht bei Hufrehepferden keine Selbstexperimente. Ruft mich gerne an, ich kenne mittlerweile ein paar Leute die wirklich gute Arbeit leisten und euch unterstützen können!


Als Hufbearbeiter habe ich dann die Aufgabe, die Hufe wieder gemütlich zu machen. Das bedeutet den Druck von den Eckstreben nehmen damit sich das Pferd auf die Trachten stellt und die Zehe entlastet und natürlich Zehe kürzen damit die Aufhängung im vorderen Bereich keinen Zug mehr bekommt. Die Bearbeitungsintervalle sind am Anfang recht engmaschig, je nachdem wie gut das Pferd seine Hufe geben kann, sehen wir uns in den ersten Monaten alle ein bis zwei Wochen.


Wie gut die Heilung voran geht bestimmt jedes Pferd selbst, ich hatte schon ein älteres Omapferd, das nach einem halben Jahr wieder galoppieren konnte und die Hufe wieder normal aussahen, da wurde aber auch sofort reagiert. In meiner Kundschaft befindet sich aber auch ein Wallach, der neun Jahre Rehe hatte und der jetzt zwei Jahre gebraucht hat bis er sich wieder eingehängt hat. Viel besser laufen konnte er schon in den ersten Monaten wieder, aber die Regeneration hat wesentlich länger gedauert.






 
 
 

1 Comment

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Guest
Mar 31
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So eine tolle Erklärung und einfach so schön, die liebevolle Art, die du für die Pferde hast und wie toll du Unterstützung leistest.

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Hufbearbeitung & Physiotherapie Anna

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